POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010Frank Klötgen: Das Kleid für Frau EleanorDas Kleid für Frau Eleanor (gekürzte Slamversion, Stand 2016) Wenn ich ein Kleid näh' für Frau Eleanordann kommt mir das fast nicht wie Kleidnähen vor Denn für Durchlaucht gebrauch' ich ja ausschließlich Tuche die durchaus als Handschmaus und auch vom Geruche dem Sinnentief ein Tauchgrund sind Für solche Haptik würd' ich blind! Das ist von Tastsynapsen hergebebter feindurchwebter, nie erlebter fingerspitzfühligster Anfasskomfort und deshalb kommt's mir auch fast nicht wie Kleidnähen vor Für gewöhnlich bestöhn' ich Beschwerlichkeiten beschwer' mich ob unschöner Kernarbeitszeiten zumal ja auch mein Stundenlohn der Schrundenproduktion zum Hohn Und das ist kein läppischer Kurzzeitverdruss kein "na du, wie näht's denn so?" - "muss ja, ne? muss!" sondern so, dass man bei jedem Einfädeln denkt ob man nicht schon zu lang an der Nähnadel hängt Aber wenn ich ein Kleid näh' für Frau Eleanor dann gibt's da kein "bäh!" mehr, dann ist da nur "boah!" Klar, manch' Blödian blökt: "Na, die Braut hat halt Zaster!" Doch hier geht's auch um Haut! Ein in Ehren erblasster Teint von alabasterner Seide Ein "lass ma den Strass da, will das da!"-Geschmeide dreifaltig gealtert, untadelig und überdies noch adelig Da freuen Niet und Nadel sich zu solchem Festakt geladen zu sein auch die Restmaterialien stimmen mit ein: "Mann, hab'n wir ein Schwein! Wer konnte es ahnen dass wir im Verein diesen Körper umgarnen?! Und das noch mit Tuche von edelstem Feinschnitt! Nach so was gier'n Garne, gurr'n gerne um Eintritt..." Ja, wenn ich ein Kleid näh' für Frau Eleanor erstürm' ich den Saum wie ein Konquistador lass' wallen, mal fallen, mal Körper betonen besticke mit kostbarsten Applikationen verführe mon Öhr nach Stich und Faden zwing' den Zwirn in der Zier der Bordüren zu baden näher' mich nähend dem Kern der Vollkommenheit bis ich fügsam verkündige: "Durchlaucht? Ihr Kleid." Und gleich recken die Hälse sich Jung-Baronessen Igittitt-It-Girls und Zeitgeist-Mätressen "Auch uns stünd' solch' edles Kleid gut zu Gesichte!" Ja, nur für das Kleid wär's 'ne üble Geschichte Euch, die ihr stets "das will ich auch haben!" schreit fehlt jegliche Erhabenheit Zwar trag'n euch die Stelzen der Selbstüberschätzung doch in solch' einem Kleid würdet ihr glatt versinken da würd' Garderobe zur Körperverletzung ein der Pracht der Textilie hinterherhinken Wer seid ihr denn schon? Und was könnt ihr noch werden? Weit're Stütchen im Pulk der Mittzwanzigerherden? Mann, ihr steckt doch noch voll in der Talgproduktion grad die Pickel geschafft, zeugt die Irritation eurer juvenilen Epidermien von viel zu viel Ferien in Herrgotterbärmien! Es gibt kein'n Genuss in der Mitesserphase Eure Hochzeit wird auch nur ein "schwupps, ach, da war'se!" Aber wenn ich da Maß nehm' an Eleanoren perlt ewiger Luxus und Nektar aus Poren die göttergleich und dotterreich apart, Brokat und watteweich entfachen Infarkte aus samt'nen Behagen in Kadenzen der Grenzenlosigkeit Die Bergluft höchster Labsal-Lagen Und über all dem schwebt: das Kleid Ein von Perfektion versetzter Kick der Schöpfung greestes Meesterstick! Und dann ende ich hier, weil grad das Schicksal drauf Lust hat als fader Durchschnitt ausgemustert? Erst leichten Sinnes Schwerenöter dann frauchenloser Catwalk-Köter? Ok, so werd ich, mag ja sein heut Abend meine Naht los sein ... Doch fühlt sich drum wer versucht nach meiner Holden zu spähen? ...mal die Füße stillhalten! Und lernt erstmal nähen. - drittes Gedicht/Video 2008-2010 |